Ein Dorf macht Energiewende

Ein Dorf macht Energiewende

DAS GP JOULE-MAGAZIN NR. 13 / NOVEMBER 2022

Mit seinem Verein Boben Op stößt Ulf Ehlers ein Projekt nach dem anderen in seinem Dorf an – für die Umwelt, fürs Klima, für ein besseres Leben.

„Boben op“ – ganz oben – auf Deutschlands Landkarte liegt Hürup. Rund 8.700 Menschen wohnen in der Amtsgemeinde in der Nähe von Flensburg, 140 von ihnen engagieren sich im Boben Op Klima- und Energiewende e.V.: Landwirte, Hausfrauen und -männer, Schüler und Studentinnen, alles dabei.

Ulf Ehlers, bei GP JOULE für Kooperationen in der Projektierung von Wind und Solarparks zuständig, ist eines der Gründungsmitglieder und zweiter Vorsitzender. „Wir wollten einfach etwas bewegen“, sagt er, „für die Energiewende, für die Gemeinde, für die Menschen. Auf jeden Fall für etwas – statt  einfach nur dagegen.“

Und Ehlers und Boben Op bewegen seit 2012 eine ganze Menge: Sie bringen Nahwärme nach Hürup. Sie kümmern sich um Humusanreicherung. Mitglieder haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam Energie einzukaufen. Eine Gruppe erschließt gerade ein Areal für Tiny Houses. Ein Elektriker betreibt eine Dorf-Reparaturwerkstatt. Und die Boben Op Bürgersolarberatung gibt Tipps zur Umsetzung von privaten PV-Projekten, ehrenamtlich.

Bei den Projekten geht es nicht darum, dass etwas möglichst groß oder aufsehenerregend ist, erklärt Ehlers, sondern darum, dass es erstens umsetzbar ist und zweitens Spaß und Lust auf die Energiewende macht.

Beim regelmäßigen Stammtisch, „Ideenschmiede“ genannt, werden Ideen gesammelt. Der Vereinsvorstand, in dem auch die Bürgermeister*innen des Amtsbezirks vertreten sind, bereitet Beschlüsse vor. Die Mitgliederversammlung entscheidet dann darüber, welche Vorschläge und Ideen in die Tat umgesetzt werden. Und dann wird so eine Idee auf einmal doch ganz groß, wie die Mitfahrbank, eine Art Bedarfsbushaltestelle. Nur ohne Bus. Wer auf der Bank sitzt, braucht eine Mitfahrgelegenheit. Mithilfe der Schilder, die an einem Scharnier montiert sind, gibt man an, wohin die Fahrt gehen soll. Irgendwer hält dann schon an und nimmt einen mit. ÖPNV abseits des ÖPNV. Mittlerweile gibt es 300 Mitfahrbänke in ganz Schleswig-Holstein.

Und aus den Erfahrungen der Landwirte im Verein, die sie beim Humusauttausch gesammelt haben, wird gerade ein Leitfaden erstellt, um Mitstreiter zu motivieren und ihnen den Weg zu erleichtern. Auch ein Zertifikat ist in Arbeit, zusammen mit Bund und Ländern. Das Projekt hat jüngst vom Bundesumweltministerium eine Förderzusage über 300.000 Euro erhalten. Humus ist die fruchtbare obere Erdschicht voller organischer Bestandteile, die in der konventionell en Landwirtschaft zunehmend verloren geht. Sie kann mehr Kohlenstoff aufnehmen und braucht weniger Düngemittel als der inzwischen typische Ackerboden. Ehlers gerät ins Schwärmen. „Man sieht so deutlich, was dieser Humus kann! Man braucht bloß zwei Handvoll Erde nebeneinanderzuhalten. Humushaltige Erde ist locker und feucht, voll er Regenwürmer und Leben, während die auf dem Acker nebenan trocken ist.“ Reduce, reuse, recycle – das geht auch auf dem Land. Boben Op macht es vor. „Wir werden oft gefragt, ob wir so was nicht auch für andere Regionen aufziehen können, doch das schaffen wir leider nicht“, sagt Ulf Ehlers, „aber bei uns ist all es transparent. Wir zeigen, wie wir es gemacht haben und bieten Führungen an.“ Nachmachen ist ausdrücklich erwünscht.