Technik, Tempo, Trockentraining

Technik, Tempo, Trockentraining

DAS GP JOULE-MAGAZIN NR. 13 / NOVEMBER 2022

Füße hoch und Feierabend? Noch nicht. Wenn andere ihre Tasche in die Ecke werfen, startet Ricarda Reitenauer nochmal so richtig durch.

„Mehr Beine! Dreierzug!“ Ricarda Reitenauer steht am Beckenrand und ruft Anweisungen in Richtung Wasser. Abends, wenn die Kampagnen- und Kommunikationsmanagerin für Wärmethemen das Budenwiesener Büro verlässt, fährt sie nicht nach Hause. Kurz vor Augsburg biegt sie ab, in ihre ursprüngliche Heimatstadt Neusäß. Dort trainiert sie im Trainerteam eine der beiden Leistungsgruppen in ihrem Schwimmverein. Leistungsgruppe, das ist genau das, wonach es klingt: Technik, Tempo, Disziplin. Fünfmal in der Woche trainieren ihre 16 zwischen 10 und 17 Jahre alten Kinder. Mehrmals pro Woche trainiert sie selbst. Doch am zeitintensivsten sei ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Vereinsvorstand, sagt Reitenauer. Als Sportleiterin puzzelt sie Trainingszeiten zusammen, übernimmt Verwaltungsaufgaben, beantragt Lizenzen und Registrierungen beim Deutschen Schwimmverband, koordiniert die Fortbildungen des Trainerstabs in Erster Hilfe und im Rettungsschwimmen und und und. Mehr als ein Dutzend Mannschaft en hat das „Schwimmteam Neusäß“, von der Elementargruppe nach dem Seepferdchen über die Breitensportler*innen ohne Wettkampfambitionen bis zu den Ausdauer- und Leistungsgruppen für die Jugendlichen und den Masters-Mannschaften für die Erwachsenen.

Die Arbeit trägt Früchte. „Wir haben in den letzten Jahren das Training deutlich ausgebaut“, erzählt Reitenauer, „das hat zu beachtlichen Erfolgen geführt.“ Stolz mischt sich in ihre Stimme. „Inzwischen starten wir sogar bei den Süddeutschen und Deutschen Meisterschaften. Für einen so kleinen Verein wie uns ist bereits die alikation etwas Besonderes!“ Rund 130 aktive Mitglieder hat der Verein und für alle ist Reitenauer die Ansprechpartnerin. Dazu gehört auch, einzelne Talente zu fördern und die verschiedenen Mannschaft en auf- und zusammenzustellen. Dabei gibt es auch schwierige Zeiten. „Während Corona haben wir deutlich gemerkt, richtig sicher schwimmen lernen Kinder erst dann, wenn sie es regelmäßig tun.“

Die Frage, warum Reitenauer fast ihre komplette Freizeit am oder im Becken verbringt, drängt sich auf. Also: Warum? „Das fragen mich meine Freunde auch immer.“

Sie lacht. „Aber ich schwimme hier, seit ich denken kann, habe mit 12 Jahren als Trainerassistentin angefangen. Der Verein ist gerade 50 Jahre alt geworden und seit der Hälfte bin ich dabei. Es fühlt sich einfach richtig an. Und die Arbeit mit den Kindern ist, das kann man wirklich sagen, uneingeschränkt toll!“

Okay, aber warum das zusätzliche Amt im Vorstand? „Ich fühle mich dem Verein verbunden. Und dann ist es auch so, dass ich etwas bewegen möchte, eigene Ideen voranbringen.“ So wie die Wettkampfgruppe für die Erwachsenen. Ein Herzensthema. „Jeder Verein kennt das: Man verliert die Leute, wenn sie ins Berufsleben wechseln. Einfach weil es keine Trainingsmöglichkeit für sie gibt. Das wollte ich ändern.“ Die Wettkampfgruppe trainiert dreimal pro Woche und nimmt regelmäßig an Wettkämpfen teil. „Viele ehemalige Mitglieder sind deshalb wieder zurückgekommen, auch wenn sie gar nicht mehr in Neusäß wohnen.“

Bleibt da noch eigene Freizeit übrig? „Nicht wirklich“, sagt Ricarda Reitenauer lachend und dann – ein kleines bisschen leiser: „Da ist ja auch noch Volleyball.“